Interview mit ehemaligem Leiter der 'Fortbildungsstelle für Spezialeinheiten' in NRW Polizeidirektor Gerd Schmitt über die Veränderung der Polizeiarbeit seit der Einführung des Avci WingTsun.
Der folgende Text ist die Abschrift eines vor laufender Kamera geführten Interviews mit Polizeidirektor Gerd Schmitt. Dieser war bis Januar 1999 Leiter der 'Fortbildungsstelle für Spezialeinheiten' (FSE) in Selm/Bork und damit für Ausbildung der polizeilichenSpezialeinheiten (SEK) im Bundesland Nordrhein-Westfalen verantwortlich. In dieser Funktion sprach Polizeidirektor Schmitt miteinem türkischen Journalisten.
Herr Polizeidirektor Schmitt, wann haben Sie zum esten Mal von der Kampfkunst WT gehört?
PD Schmitt: Zum ersten Mal gehört habe ich vom WT durch meine Mitarbeiter des SEK in Dortmund, die zu einem Erfahrungsaustausch in Baden-Württemberg waren - zu einem Lehrgang über Kampftechniken. Bei dieser Veranstaltung wurden Kampftechniken vorgeführt, zu denen auch Techniken im Bereich des Avci WingTsun gehörten. Darüber haben mir meine Mitarbeiter einen Film mitgebracht, und wir haben beraten, wie es weitergehen soll.
Seit wann bildet Herr Avci die SEK aus und vor allem, seit wann ist er Cheftrainer der Einheiten?
Seit jener Veranstaltung im Juni 1992, als er WT vorführte. Wir haben ihn direkt für uns gewinnen können, nachdem wir intern beraten haben, dass diese Techniken ideal für uns sind, weil sie unspektakulär und effizient sind. Seit dem trainiert Sifu Salih an der Zentralstelle für unsere Spezialeinheiten diese besonderen Eingriffstechniken.
Was bewirken seine Techniken bei Festnahmen?
Durch unser Training haben wir ganz andere Möglichkeiten. Wir versuchen, die mildesten Mittel anzuwenden und wir versuchen, weg von Schlagtechniken bei der Festnahme des Täters zu kommen. Die vorherigen Kampftechniken beinhalteten oft nur Treten und Boxen oder Abwehrtechniken, die nicht so effizient waren. Wir haben jetzt einen effizienteren körperlichen Einsatz durch die Avci-WT-Techniken. Es ist wenig spektakulär und wir haben wesentlich geringere Verletzungsraten. Das ist das besondere daran.
Das heisst, dass es wesentliche Unterschiede zwischen den früheren Eingriffstechniken und den jetzt verwendeten, von Herrn Avci vermittelten Eingriffstechniken gibt?
Ja, ganz erheblich! Insgesamt kann man sagen, dass die Polizeiarbeit durch diese Eingriffstechniken professioneller geworden ist - aus den erwähnten Gründen.
Haben Sie demzufolge auch Erfolg mit diesen speziellen Techniken und können Sie mir ein Beispiel nennen?
Bei demonstrativen Aktionen kommt es zu Sitzblockaden, und in der Vergangenheit musste man die Sitzblockierer mühsam lösen, da sie sich anketteten. Jetzt haben wir eine effiziente Methode, sie mit sanfter körperlicher Gewalt zu entfernen. Gleiches gilt natürlich im Bereich von Tätern, die mit Hieb- und Stichwaffen ausgerüstet sind bis hin zu Schwertern. Die Avci-WingTsun Technik ist nochmals spezialisiert und versieht WT mit einer eigenen, für unsere Bedürfnisse abgestimmten, besonderen Eingriffstechnik.
Dazu bedient Sifu Salih sich bestimmter Hilfsmittel, wie Langstöcke, was in dieses Training mit einfließt. Auch bei Festnahmen in öffentlichen Lokalen oder Cafes, wo wir überraschend zugreifen, ohne dass es zum Schusswaffeneinsatz kommt, ist diese Technik besonders erfolgreich.
Früher hätte man wohl eher zur Schusswaffe greifen müssen, als das heute der Fall ist, weil die Technik und die damit verbundene Taktik, die wir anwenden - verdecktes Annähern, schnelles und überraschendes Vorgehen - dem Täter keine Chance zur Gegenwehr lässt. Wir erzielen den Erfolg mit weniger Gewalt und ohne Schusswaffen.
Trainiert Herr Avci auch andere Einheiten?
Ja, nach meiner Kenntnis nicht nur die Einheiten hier an der Zentralstelle der SEK in NRW, sondern er trainiert auch die GSG 9 - die Spezialeinheit des Bundes -, Spezialkräfte des Zolls und nach meiner Kenntnis jetzt auch neu die Justizvollzugsbeamten, die auf dieser Art und Weise ebenfalls mit den mildesten Mitteln Verletzungen sowohl auf der Täterseite als auch beim eigenen Personal entsprechend verringern können.
Herr Avci ist türkischer Staatsbürger. Was halten Sie persönlich von ihm?
Dass er Türke ist, spielt bei uns keine Rolle. Bei den Spezialeinheiten legen wir größten Wert darauf, unabhängig von Dienstgraden oder nationaler Zugehörigkeit, dass jemand professionell ist. Sifu ist ein professioneller Mensch, der uns das Beste gibt und von daher sind wir ihm sehr dankbar, dass er uns über den Weg gelaufen ist, und wir wollen ihn noch lange Zeit behalten.
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(Zeitschrift "Kampfkunst International", Ausgabe 9/99, S. 35)